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KIM Iljo (KIM Iljo)
Geschlecht weiblich  Alter zum Zeitpunkt des Atombombenabwurfs 16 
Aufgenommen am 2013.11.25  Alter bei der Aufnahme 85 
Aufenthaltsort zum Zeitpunkt des Atombombenabwurfs Hiroshima(Entfernung vom Epizentrum:3.0km) 
Hall site Nationale Friedensgedächtnishalle für die Atombombenopfer von Hiroshima 
Synchronisation/
Untertitel
Untertitel 

KIM Iljo, 16 Jahre zum Zeitpunkt des Abwurfs. Befand sich in Eba-machi, 3 Kilometer vom Epizentrum entfernt. Nach der Flucht zu einem Schießplatz traf sie nach Wasser flehende, sterbende Menschen ... ...mit so starken Verbrennungen, dass sie Männer und Frauen nicht unterscheiden konnte. In Japan wurde sie aufgrund ihrer koreanischen Abstammung diskriminiert ... ...und später in Korea hatte sie Probleme mit der ungewohnten Lebensweise und Sprache. Sie erzählt, dass Menschen auf keinen Fall Kriege führen, sondern einander helfen sollten.

【Leben bis zur Grundschule】
Meine Eltern kamen um 1920 nach Japan. Ich lebte seit frühester Kindheit in Hiroshima. Viele Koreaner aus Hapjeong kamen nach Hiroshima und holten später ihre Familien nach. Dadurch gab es viele Koreaner aus Hapjeong in Hiroshima. Hiroshima wird auch das „2. Hapjeong“ bzw. Hapjeong das „2. Hiroshima“ genannt.

Meine Grundschule lag im Stadtteil Eba. Damals gab es Lebensmittelrationierungen, und auch die Japaner hatten es wirklich schwer. Wer nur die staatlich festgelegten Rationen essen konnte, blieb meist hungrig. Unsere Eltern jedoch betrieben in Eba einen Laden mit getrockneten Lebensmitteln für Koreaner. Koreaner verwenden bei Totenmessen getrockneten Alaska-Seelachs, Seetang oder Oktopus. Diese Waren konnte man nur in unserem Laden kaufen. Sonst gab es nämlich keinen vergleichbaren Laden. Dank der Einnahmen konnten wir Reis am Schwarzmarkt kaufen und mussten keinen Hunger leiden. Die Zeit in Japan empfand ich daher als glücklich.

1940 erhielten wir die japanische Staatsbürgerschaft und änderten unsere Namen – mein Vater nannte sich Matsumoto Kinjiro, … … meine Schwestern Kimiko und Fumiko und mich Kimiyo. Die Vornamen hatten wir schon vorher, wir änderten nur den Nachnamen. Somit wurden wir zu richtigen Japanern. Im Frühling schloss ich die Grundschule ab und half den ganzen Sommer meiner Mutter zu Hause. Ich bat meinen Vater, mich eine weiterführende Schule besuchen zu lassen, … … aber er sagte, es gäbe viele Schüler, die den Abschluss nicht schaffen würden … … und lehnte meinen Wunsch ab.

【Beruf und Heirat】
Die Schwester eines Verwandten arbeitete bei der Gummifabrik Hasegawa im Stadtteil Funairi.  Dank ihrer Vermittlung konnte ich ab Herbst, im September oder Oktober, dort arbeiten. Aber durch den Gummigestank bei dieser Arbeit bekam ich Kopfschmerzen. Ich erfuhr, dass bei den Verkehrsbetrieben von Hiroshima Leute gesucht wurden. Im März oder April 1942 bestand ich den Aufnahmetest. Bis April 1944 arbeitete ich dann für die Verkehrsbetriebe von Hiroshima. Ich war Schaffnerin in städtischen Bussen. In Straßenbahnen waren ausschließlich Männer als Fahrer und Schaffner angestellt.

Doch weil alle Männer in die Armee einberufen wurden und es an Arbeitskräften mangelte, … … wurden auch Frauen in den Straßenbahnen als Schaffnerinnen angestellt. Ende 1944 konnten Frauen auch Straßenbahnfahrerinnen werden. Durch das Stehen bei der Arbeit bekam ich jedoch Beinschmerzen und gab meine Arbeit im April 1944 auf.

Danach leistete ich von Juli bis November 5 Monate lang freiwilligen Arbeitsdienst. Es herrschte ein wirklich schlimmer Mangel an Arbeitskräften, und alle mussten anpacken. Wer keinen Job hatte, wurde zum Arbeitsdienst geholt und … … alle Männer, die nicht in der Armee kämpften, mussten zum Kriegshilfsdienst. Das traf auch auf viele Koreaner zu.

Bevor ich im Dezember 1944 heiratete, war ich ebenfalls von Juli bis November im Arbeitsdienst. Auch vor dem Abwurf der Atombombe überflogen oft feindliche Flugzeuge die Stadt. Dann erschallte das lange Signal der Fliegeralarm-Sirene. Oh. In solchen Fällen schnappten alle ihr Gepäck und bereiteten sich auf die Flucht zum Luftschutzbunker vor. Wenn die Flieger weg waren, ertönte die Sirene zur Entwarnung. Wir übten das Löschen von Bränden mit Wassereimern im Fall eines Angriffs … … und die Frauen lernten wie Krankenschwestern Verbände anzulegen. Damals übten wir oft mit unseren Luftschutzkapuzen am Kopf zu flüchten.

Wäre mein Vater noch am Leben gewesen, hätten wir wahrscheinlich möglichst schnell die Stadt verlassen, … … aber meine Mutter war geschäftlich viel unterwegs. Wir wollten schließlich auch wegziehen, doch hatten wir kein Haus, wo wir hin konnten. Wir überlegten, von Japanern ein Stück Land zu mieten und ein Haus zu errichten, doch die Bombe durchkreuzte unsere Pläne.

【Der Abwurf】
Am Morgen des 6.8.1945, um ca. 7 Uhr, wurde Fliegeralarm gegeben. Für meinen Mann war es eigentlich Zeit für den Dienstantritt, aber durch den Fliegeralarm … … verspätete sich unser Frühstück, und als wir uns für die Flucht vorbereitet hatten, wurde schon wieder Entwarnung gegeben. Daraufhin aß mein Mann in Eile sein Frühstück und ging etwas verspätet zur Arbeit.
 
Ich spülte die Teller und räumte auf. Meine Mutter und meine beiden Schwestern waren ebenfalls im Haus. Da wurde es plötzlich ganz hell, wie bei einem Blitz. Und dann hörte ich einen Krach, lauter als alles, was ich je gehört hatte. So laut, dass meine Ohren anschwollen. Dann stürzte unser Haus ein. Als Koreaner lebten wir damals in einem einfach gebauten Reihenhaus aus Zinkblech, das sofort einstürzte. Wir wurden darunter begraben. Wäre es ein größeres Haus gewesen, wären wir wahrscheinlich sofort erdrückt worden.
 
Aber meine Mutter konnte irgendwo ein Licht sehen und sich mühevoll durch ein Loch befreien. Auch meine Schwestern und ich konnten uns mit Mühe befreien. Meine Mutter war schwer verwundet, durch Nägel und das Zinkblech hatte sie eine große Schnittwunde …  … und blutete stark, aber trotzdem half sie uns. Meine beiden Schwestern waren nicht so schwer verletzt, sie hatten nur Schürfwunden. Ich hatte eine Wunde am Kopf. Jetzt ist sie schon kleiner, … … aber diese Stelle war durch das Blech aufgerissen. Bis heute wachsen dort keine Haare. Auch hier hatte ich Wunden, aber die wurden mit der Zeit kleiner. Ich war nicht so schwer verletzt wie meine Mutter, blutete aber auch stark.

Als wir hinausgingen, waren dort die Leute aus den Reihenhäusern versammelt. Wir fragten uns, wohin wir fliehen sollten … … und beschlossen schließlich, zum Armeeschießplatz Ebamachi beim Sarayama-Hügel zu gehen. Luftschutzbunker gab es auch keinen mehr, somit war das der einzige Zufluchtsort. Aus diesem Grund flohen wir zum Schießplatz. Dort waren schon viele Leute aus Funairi-cho und Kawara-machi. Die Leute, die aus dem Stadtzentrum gekommen waren, flehten um Wasser, … … die Kleidung klebte ihnen am Körper und ihre Haut war so stark verbrannt, dass man Frauen und Männer nicht unterscheiden konnte. Wie bei den Puppen im Friedensmuseum von Hiroshima hing ihre Haut von den Fingerspitzen herab.

Wir sahen Menschen, die nach Wasser flehend ankamen und bald darauf starben. Leute mit verbogenen Nasen. Die Schwerverwundeten starben schließlich auch alle. Sie flehten um Wasser, aber wir waren auch schwer verletzt und … … meine Mutter presste aufgesammelte Stofffetzen auf ihre Wunden. Es war uns nicht möglich, den Leuten Wasser zu geben. Wir fürchteten, auch bald wie sie auszusehen und sterben zu müssen. Das Feuer breitete sich schließlich bis Funairi aus, erreichte Eba aber nicht. So weit kam das Feuer nicht. Es flogen nur ein paar Funken, … … aber unser Haus in Eba brannte nicht nieder. Es war zwar eingestürzt, … … aber wir konnten unsere Sachen und auch Essen aus den Trümmern holen. Danach waren wir ein paar Tage beim Hügel Sarayama.

Wir schliefen unter Feigenbäumen, und ich erinnere mich, dass es sehr heiß war. Dort, wo die Soldaten aßen, gab es ein Eisenrohr, aus dem Wasser kam. Aus den Häusertrümmern holten wir Reis, kochten ihn in einem Topf und machten daraus einen Reisbrei für unsere Mutter. Ab 7.8. brachten uns die Soldaten Reisbällchen. Auch vom Frauenverein erhielten wir Reisbällchen zu essen. Ein paar Tage ging das so.

Hinter dem Sarayama-Hügel gab es den Eba-Park. Dort lag früher Nihonmatsu … … und ab 1943 wurden dort Gesundheitseinrichtungen für das Militär usw. gebaut. Zur Behandlung gab es dort nur eine Jodtinktur, aber keine Medikamente. Es wurde etwas Tinktur in ein Fläschchen gegeben, mit viel Wasser vermischt und in einen Eimer geleert. Dieses Gemisch wurde dann auf die Haut aufgetragen, aber das half nicht.  Daher eiterten die Wunden und wurden madig. Somit sind alle, die mit Brandwunden ankamen, dort gestorben.

Wir hatten keinen Ort, an den wir fliehen konnten, und Angst, der Feind könnte wieder kommen. Wir wohnten bis Oktober 1945 in den leeren Häusern derer, die aufs Land geflüchtet waren. Am 15. August zu Mittag hörte ich dann, wie der Tenno die Niederlage Japans verkündete. Die Japanerinnen weinten, dass ihre Männer und Kinder zurückkommen sollten. Wir lebten zwar, aber ohne Essen war es die Hölle auf Erden.

【Rückkehr nach Korea】
Wir wollten eigentlich nicht nach Korea zurück, weil wir doch schon Japaner waren und dort leben wollten. Wir konnten auch nicht wirklich gut Koreanisch. Meine Mutter sprach es in der Familie, so konnten wir es ein bisschen … …und mischten es manchmal mit Japanisch. Es gab das Gerücht, dass alle Koreaner, die nicht nach Korea zurückgingen, von den Japanern getötet werden würden. „Aber lasst uns zusammen leben, auch wenn es hart wird“, dachten wir und ermutigten uns, dass in Japan bald wieder alles besser würde. Es kehrten jedoch viele nach Korea zurück. Die wenigen, die in Japan blieben, hatten nicht genügend Geld … … für die Überfahrt nach Korea, und so blieben einige in Japan.

Im Oktober gingen wir nach Korea zurück. Wir fuhren mit dem Zug nach Shimonoseki und dann nach Senzaki, um auf ein Schiff zu kommen. In Shimonoseki gab es täglich ein Schiff nach Senzaki, das am Abend kam und … … am nächsten Morgen wieder abfuhr. Alle versammelten sich, um auf das Schiff zu gelangen. Ich musste sieben Tage im Freien schlafen, bis ich endlich einen Platz auf dem Schiff bekam. Ich musste eine Woche dort warten, weil so viele Koreaner zurückkehrten.

【Probleme in Korea】
Ich litt darunter, dass ich nicht gut Koreanisch sprechen konnte und das Leben ganz anders war. Das war sehr schwer für mich. In Korea tragen alle selbstgemachte Baumwollkleidung und im Sommer Kleidung aus Hanf. Die Koreanerinnen konnten alle gut weben, doch wir nicht. Auch die Kräuter waren anders. Aus Japan kannte ich nur Beifuß und japanische Petersilie, … … aber in Korea gab es so viele essbare Kräuter, dass ich sie mir gar nicht merken konnte. Alle meine Verwandten in Korea waren Bauern. ie hatten damals ohnehin schon wenig zu essen, und weil wir dann auch noch aus Japan kamen, … … mussten wir das Wenige, das wir hatten, auch noch teilen. Es war ein schweres Leben. Manchmal dünsteten wir die Rinde von Kiefern, klopften sie, gaben etwas Reis dazu und machten daraus einen Brei, den wir aßen. Es war wirklich eine schwere Zeit. Ich kam zu der Überzeugung, dass wir hier nicht leben konnten.

Ich wollte nach Japan zurück. Viele von uns gingen wieder nach Japan. Im Juni 1946 stieg ich um Mitternacht in ein Schiff nach Japan. Durch die hohen Wellen wurde ich seekrank. Das Schiff machte eine Pause auf der Insel Tsushima. Da kam ein japanisches Polizeischiff. Die Polizisten kamen mit Pistolen an Board und nahmen uns fest. Schlussendlich konnte ich nicht nach Japan. Ich wurde vollständig zu einer Koreanerin und gab endgültig die Idee auf, wieder nach Japan zu gehen. Aber da ich in Japan geboren wurde, träumte ich oft von Japan, wo ich unbedingt wieder hin wollte.  Gezwungenermaßen lebte ich dann in Korea und eröffnete dort wieder einen Laden. Es war schwer, aber die Zeit verging schnell und so bin ich schon über 80.

【Diskriminierung】
Um 1980 wurde ein Verein der Atombombenopfer gegründet. Alle halfen zusammen, um ihn zu gründen. Ich trat aber nicht bei. Es gab Gerüchte, dass man nach der Rückkehr nach Korea wieder diskriminiert werden würde. In Japan werden Koreaner diskriminiert. Am schlimmsten war es, wenn man als „Koreaner“ beschimpft wurde.  Kinder streiten doch oft beim Spielen. Und es war für mich am schlimmsten, wenn japanische Kinder sagten: „Weil du Koreanerin bist, du Koreanerin!“ Wir sprachen Japanisch wie die Japaner und führten ein Leben wie japanische Kinder. Ich konnte nicht begreifen, wieso ich trotzdem so diskriminiert wurde. Nur weil meine Eltern Koreaner waren?

Ich trat dem Verein nicht bei, weil es sonst bei der Hochzeit meiner Kinder zu Problemen gekommen wäre. Bei der Heirat sind sogar noch die Kinder und Kindeskinder von Atombombenopfern benachteiligt. Man wusste zwar, dass ich aus Japan gekommen war, aber ich sagte niemandem, dass ich aus Hiroshima kam. Die Menschen, die in der Nähe wohnten, wussten das zwar, … … aber ich fand es nicht notwendig, dem Verein beizutreten.

【Medizinische Behandlung in Japan】
Ich trat dann 1993 doch bei. Ein Jahr später reiste ich nach Japan und erhielt einen Strahlenopferpass. Dann wollte ich schließlich auch nach Japan, um mich behandeln zu lassen. Dreimal. Mein Herz war damals auch in schlechtem Zustand und … … aufgrund mehrerer Untersuchungen blieb ich ein paar Monate in Japan. Beim ersten Mal waren es drei Monate, dann zwei, und danach fuhr ich noch zweimal. Schon seit über 10 Jahren nehme ich Medikamente für mein Herz. Dann hatte ich Magenbeschwerden und bekam Magenkrebs. Am 26.3. letzten Jahres wurde ich operiert.  Zwei Drittel meines Magens wurden entfernt. Jetzt, ein Jahr später, ist er schon wieder etwas gewachsen, … … aber ich kann immer noch nicht viel essen. So versuche ich, mein Leben zu meistern.

【Meine Botschaft】
Man darf nicht streiten und Kriege führen. Denn Krieg bedeutet schließlich Mord. Und da ich den Feind töten muss, wird der Feind auch mich töten. Im Endeffekt ermorden sich alle gegenseitig. Das darf nicht passieren. Ich sage immer zu den Kindern, es darf einfach keine Kriege geben. Wir müssen uns gegenseitig helfen und zusammenarbeiten.  Die Vorfahren haben schlimme Dinge getan, und sehen Sie, wie ihre Nachfahren in Japan auch heute noch darunter leiden! Ich bin fest davon überzeugt, dass keine Kriege mehr geführt werden dürfen.

Konzept: Nationale Friedensgedächtnishalle für die Atombombenopfer von Hiroshima
Produktion: Aeras co., ltd.
Übersetzung: Rosmarie Eigl, Christian Trollmann
Lektorat: Keiko Arai, Elisabeth Plienegger
Koordination: NET-GTAS (Network of Translators for the Globalization of the Testimonies of Atomic Bomb Survivors)

 
 
 

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