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THURLOW Setsuko (THURLOW Setsuko)
Geschlecht weiblich  Alter zum Zeitpunkt des Atombombenabwurfs 13 
Aufgenommen am 2014.11.17  Alter bei der Aufnahme 82 
Aufenthaltsort zum Zeitpunkt des Atombombenabwurfs Hiroshima(Entfernung vom Epizentrum:1.8km) 
Hall site Nationale Friedensgedächtnishalle für die Atombombenopfer von Hiroshima 
Synchronisation/
Untertitel
Untertitel 
THURLOW, Setsuko, damals 13 Jahre alt, befand sich am Tag des Abwurfs in Futabanosato, etwa 1,8 km vom Epizentrum entfernt. Auf einmal blitzte ein Licht auf, wie Unmengen an brennendem Magnesium. Ihr Körper wurde in die Luft geschleudert und sie verlor das Bewusstsein. Sie konnte es sich nicht verzeihen, dass sie keine einzige Träne vergossen hatte, als die mit Verbrennungen übersäten Leichen ihrer Schwester und ihres Neffen würdelos behandelt worden waren. In Kanada widmet sie sich im Bildungsbereich der Aufarbeitung der Atomproblematik. Es ist an der Zeit, die Atomwaffen abzuschaffen. Frau Thurlow ruft alle Menschen der Welt dazu auf, sich aktiv dafür einzusetzen.

【Das Leben vor dem Atombombenabwurf】
Es war ein miserables Leben. Die Reisrationen nahmen nach und nach ab, weshalb wir den Reis mit Vielerlei wie etwa Gerstenflocken, Hirse, Kürbissen oder Süßkartoffeln vermischten. Man konnte die einzelnen Reiskörner fast zählen. Jeder träumte davon, wieder einmal unvermischten Reis zu essen. Am Tag vor dem Abwurf, einem Sonntag, kehrte meine Schwester zusammen mit ihrem vierjährigen Sohn zurück. Zuvor waren sie in den Bezirk Tsuda im Landkreis Saeki evakuiert worden. Mit der angesparten Zuckerration hatte sie Mutters geliebte Reiskuchen mit roter Bohnenpaste gemacht und brachte diese mit. Ich erinnere mich noch daran, wie glücklich wir waren, als wir diese essen konnten.

Der Fliegeralarm ertönte häufig. Daher wurden wir oft mitten in der Nacht geweckt und konnten nicht im Schlafanzug schlafen. Wir mussten in unserer normalen Kleidung schlafen, damit wir jederzeit zum Luftschutzbunker laufen konnten. Im Haus war es stockdunkel und nur in einem Zimmer konnten wir Licht benutzen.

Zu jener Zeit war Hiroshima die zehntgrößte Stadt Japans. Großstädte wie Tokyo, Osaka, Nagoya und Yokohama wurden nach und nach durch Luftangriffe zerstört. Auch Städte, die kleiner als Hiroshima waren, wurden niedergebrannt. Aber aus irgendeinem Grund wurde Hiroshima selbst nicht angegriffen. Es kursierten verschiedene Gerüchte, wieso Hiroshima verschont wurde. „Ich habe ein ungutes Gefühl. Da stimmt doch was nicht.“ „Aus Hiroshima sind ja viele Menschen in die USA ausgewandert. Bestimmt greift die US-amerikanische Regierung aus Dank für ihre Mühen Hiroshima nicht an.“ Einige brachten unbedachte Gerüchte in Umlauf. Alle hatten panische Angst.

【Im Moment des Atombombenabwurfs】
Meine Gruppe bestand aus etwa 30 Mitschülerinnen. Zusammen haben wir 2 bis 3 Wochen lang in der Stabsabteilung chiffrieren gelernt. Diese Abteilung befand sich im Hauptquartier des zweiten Armeekommandos. Wir waren im ersten Stock des hölzernen Gebäudes. Um 8 Uhr versammelten wir uns dort zum Morgenappell.„Endlich ist die Zeit gekommen, auf die ihr vorbereitet worden seid. Jetzt ist es soweit, dem Kaiser eure Treue zu schwören.“ In dem Moment, als uns dies verkündet wurde, blitzte durch die gesamte Fensterfront ein alles ausfüllendes, gleißendes Licht.

Es strahlte so hell wie Unmengen an brennendem Magnesium. In diesem Moment flog mein Körper in die Luft. Dieses Gefühl verfolgt mich bis heute. Vermutlich verlor ich dann auch das Bewusstsein. So etwas wie eine Druckwelle spürte ich nicht. Wahrscheinlich wurde aufgrund der Druckwelle alles zerstört und mein Körper in die Luft geschleudert, aber daran kann ich mich nicht erinnern. Die Menschen, die weit weg waren, sollen ein lautes Donnern gehört haben, aber wir mitten im Zentrum haben davon nichts mitbekommen. Als ich wieder zu mir kam, war ich von absoluter Finsternis und Stille umgeben. Ich wollte mich bewegen, aber mein Körper rührte sich nicht. Ich habe tatsächlich gedacht, dass ich nun sterben würde. Aber zu dem Zeitpunkt fühlte ich mich weder beunruhigt, verängstigt, noch hatte ich den Drang zu fliehen. Ich befand mich in einem Zustand,  in dem ich einfach ruhig mein Schicksal akzeptierte.

Nach einer Weile hörte ich in meiner Nähe die leise Stimme einer Freundin. „Mutter, rette mich, Gott, rette mich!“, hörte ich ihr leises Flüstern. Mir wurde bewusst, dass ich nicht allein war. Eine Freundin war in der Nähe. Ich konnte sie hören. Ich erinnere mich, wie froh ich war, dass sie in meiner Nähe war. Plötzlich rüttelte mich jemand von hinten an der linken Schulter: „Ich werde dir jetzt helfen und diesen Balken bewegen. Tritt dagegen und mach dich bereit zu fliehen!“, sagte ein Mann. Er war vom Militär, vermutlich einfacher Soldat oder Offizier. Dann wurde irgendetwas weggeräumt und ich konnte mich wieder bewegen. Er rief mir zu: „Von links her scheint ein Licht herein. Kriech, so schnell es geht, dem Licht entgegen und sieh zu, dass du hier rauskommst!“ Ich tat,was er gesagt hatte, und kroch hinaus. Ich weiß nicht mehr, wie viel Zeit ich dafür brauchte. Als ich aus dem Gebäude floh, stand es schon lichterloh in Flammen. Ich dachte daran, dass meine Freundinnen noch dort drin waren, aber ich konnte nicht mehr hinein. Von meinen 30 Klassenkameraden schafften es nur noch zwei weitere, aus dem Gebäude zu fliehen.

【Auf dem östlichen Truppenübungsgelände】
Ein Soldat wies uns an, so schnell wie möglich zum Übungsgelände zu fliehen, und wir folgten seiner Anweisung. Ich war erschrocken, dass es so dunkel war, obwohl es doch eigentlich noch früh am Morgen war. Ich denke, damals sind Schutt, Rauch und Ähnliches vom Boden in die Pilzwolke gelangt und mit nach oben gestiegen. Als wir uns eine Weile im Dunkeln umsahen, sahen wir, wie sich Schatten in langen Reihen aus der Stadtmitte auf uns zubewegten. Niemand konnte mehr laufen oder richtig gehen. Alle waren müde und erschöpft.

Menschen mit verbrannter Haut, herunterhängendem Fleisch und freiliegenden Knochen kamen auf uns zu. Einige schlichen nur langsam vorwärts, brachen auf dem Weg zusammen und konnten nicht mehr aufstehen. Es war ein absonderlicher Anblick. Die Menschen waren voller Verbrennungen, ihre Haare standen zum Himmel. Man konnte nicht einmal mehr zwischen Mann und Frau unterscheiden. Manche hatten Hände oder Füße verloren, andere waren blutüberströmt und mit schwarzen Verbrennungen übersät oder hatten die Haut voller Brandschwellungen. Bei vielen Menschen hingen die Augäpfel heraus und die Betroffenen nahmen sie in die Hand oder drückten sie wieder hinein. Es gab auch Menschen, die zusammen gebrochen waren  oder aus deren offenen Bäuchen die Gedärme hervortraten. Wir achteten darauf, nicht auf sie zu treten, und flohen zum östlichen Übungsgelände.

Die absolute Stille an diesem Tag ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Niemand war mehr geistig oder körperlich in der Lage, laut nach Hilfe zu rufen. Alle flehten nur noch flüsternd um Hilfe. Es war ein Zustand, wie man ihn sich heute nicht mehr vorstellen kann. Es war eine Extremsituation. Als wir am Übungsgelände ankamen, war es übersät mit Leichen und Schwerverletzten, die im Sterben lagen. Wie viele Tausend Menschen dort lagen, kann ich nicht sagen. Alle flehten „Wasser... Wasser...“. Ich hätte ihnen gerne Wasser gegeben, aber es gab keine Eimer oder Gläser. Einige von uns gingen zu einem Ort, an dem es Wasser gab. Dort wuschen wir zuerst unsere blutverschmierten Körper. Wir wussten nicht, ob es unser eigenes oder das Blut anderer war.

Dann zerrissen wir unsere Blusen, tränkten diese mit Wasser und brachten sie zu den Menschen, die um Wasser baten. Dabei passten wir auf, nichts zu verschwenden. Das war das Einzige, was wir für sie tun konnten. Alle bedankten sich und saugten an dem nassen Stoff. Als es dunkel wurde, beendeten wir unsere Arbeit und setzten uns auf einen Hügel. Von dort aus betrachteten wir, wie die Stadt die ganze Nacht durch brannte. Wie betäubt verbrachten wir die Nacht, ohne auch nur eine richtige Gefühlsregung zeigen zu können.

【Der Tod der Schwester und des Neffen】
Meine Schwester hatte sich während des Angriffs starke Verbrennungen zugezogen. Sie soll mit ihrem Kind im zerstörten Haus nach Öl gesucht haben. Sie muss gedacht haben, dass sie die Verbrennungen ihres Sohnes damit versorgen kann. Meine Schwester hatte mit der Ölflasche in der Hand und ihrem Kind, das nicht mehr laufen konnte, in den Armen einen Nachbarn um Hilfe gebeten. Dieser Nachbar hatte sie dann bis zum Hügel des östlichen Übungsgeländes gebracht. So hat es mein Vater von dem Nachbarn gehört.

Am Tag nach dem Abwurf traf ich sie dort. Meine Schwester hat nur noch vier Tage gelebt. Der Körper meiner Schwester schwoll nach und nach an und war mit pechschwarzen Verbrennungen übersät. Ihre Haut schwoll durch die Brandblasen auf die zwei- bis dreifache Größe an. Meine Schwester und ihr Sohn flehten beide nach Wasser. Besonders mein vierjähriger Neffe bat schluchzend um Wasser. Er tat mir schrecklich leid. Die Soldaten hatten gesagt: „Den Schwerverbrannten dürft ihr kein Wasser geben. Sonst sterben sie eher.“ Hätte ich gewusst, dass sie sowieso sterben würden, hätte ich ihnen eimerweise Wasser zu trinken gegeben. Als ich versuchte, meiner Schwester und ihrem Sohn Wasser zu geben, waren ihre Gesichter so stark angeschwollen, dass sie den Kiefer nicht mehr bewegen und den Mund nicht öffnen konnten. Mit großer Mühe massierte ich ihnen den Kiefer und zog daran. So konnte ich ihnen den Mund ein Stück weit öffnen und mit einem Löffel ein wenig Wasser hineingeben. Das war auch sehr anstrengend.

Als meine Schwester gestorben war, gruben die Soldaten ein Loch und warfen ihren Körper hinein. Dann überschütteten sie ihn mit Benzin und zündeten ihn mit einem Streichholz an. Während sie den brennenden Leichnam mit einem Bambusstab hin und her bewegten, sagten sie Dinge wie „Die Innereien sind noch nicht verbrannt.“ oder „Wir müssen uns noch um das Gehirn kümmern.“,  etwas, was man normalerweise niemals hören möchte. Fassungslos beobachtete ich mit meinen 13 Jahren dieses Geschehen. Diese Erinnerung war sehr schmerzhaft für mich. Ich dachte mir: „Was bin ich bloß für ein Mensch?“ Ich machte mir lange Zeit Vorwürfe, dass ich keine einzige Träne für meine Schwester und meinen Neffen vergießen konnte, deren tote Körper so würdelos behandelt worden waren.

Ein Forscher namens Lifton, der die Psyche von Atombombenopfern untersuchte, bezeichnete diesen Zustand als „psychische Erstarrung“. Damit erklärte er unseren damaligen Seelenzustand. Diese Erklärung hat mir geholfen, meine emotionalen Wunden ein Stück weit zu heilen.

【Der Taifun Makurazaki】
Ich glaube, es war der 16. September. Auf dem Heimweg regnete es heftig und das schmutzige Wasser stand mir bis zu den Knien. Im Wasser schwamm viel Dreck und ich watete hindurch. Als ich wieder zu Hause ankam, warf ich mich laut weinend auf dem Boden. Es war alles zu viel für mich, sodass ich mich nicht mehr zurückhalten konnte. Bis dahin hatte ich nicht realisiert, dass alle Häuser zerstört waren und die ganze Stadt in Schutt und Asche lag. Weil sich mein Leben extrem geändert hatte, hielt ich es nicht mehr aus und weinte mir die Augen aus. Ich dachte, wenn ich über dieses Elend klagte, würden meine Eltern Mitleid mit mir haben. Jedoch schimpfte mein Vater mit mir: „Was sagst du da?“ „Du lebst doch, oder etwa nicht?“ „Deine Eltern leben doch auch noch!“ „Du hast immer noch ein Dach über dem Kopf!“ „Mehr kannst du doch gar nicht verlangen!“ Nach diesen Worten war ich erst einmal erschrocken. Ich denke, dass ich mich nur deshalb so heftig weinend zu Boden geworfen hatte, weil ich geglaubt hatte, sie würden mich trösten, und ich mich daher ganz sicher gefühlt hatte. Aber ich wurde ausgeschimpft.

Da hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass ich tatsächlich am Leben war. Im Nachhinein kam mir der Gedanke, dass es mir genau in diesem Moment gelang, die von Lifton beschriebene „psychische Erstarrung“ zu überwinden. Vom 6. August bis zum 16. September war ich in diesem Zustand gefangen gewesen. Nun erlebte ich zum ersten Mal wieder eine wirkliche Gefühlsregung. Das ist meine eigene Interpretation. Für mich war das ein wertvoller Augenblick. Bei mir hatte es einen Monat gedauert, bis dieser Moment eintrat, aber ab da ging meine psychische Genesung recht schnell voran.

【Der Tod der Mitschülerinnen】
Es war, glaube ich, Mitte Oktober. Ich erhielt die Nachricht, dass unsere Schule den Unterricht wieder aufnehmen würde, und zwar zunächst in der Grundschule in Ushita. Unsere Schule besaß ein Grundstück auf dem Hügel Ushita. Dort trafen wir uns und freuten uns darüber, dass wir überlebt hatten. Auf diesem Hügel wurde für uns eine Hütte mit einem Blechdach errichtet. Wenn es regnete, war das Regenprasseln so laut, dass man den Lehrer nicht mehr hören konnte. Es gab keine Fenster und kalter Wind zog durch das Gebäude. Es war fürchterlich.

Einige Freundinnen hatten in der Schule Luftschutzkappen auf, die wir während des Krieges stets dabeihaben mussten. Ich wunderte mich zwar, traute mich aber nicht, nachzufragen. Als Folge der Atombombe waren ihnen die Haare ausgefallen. Da es ihnen peinlich war, versteckten sie ihren Kopf unter der Kappe. Es war Mitte Oktober. Der Lehrer überprüfte jeden Morgen die Anwesenheit und dabei fielen immer wieder die Worte: „Gestern ist die Schülerin … verstorben.“ Fast täglich ging eine Mitschülerin von uns. So lernten wir Überlebenden eine neue Form des Todes kennen.

【Der Vorfall vom Bikini-Atoll】
Unsere Mädchenschule wurde nach der Schulreform zu einer Mittel- und Oberschule. Als ich später mein vierjähriges Universitätsstudium abschloss, erhielt ich von einer US-amerikanischen Universität ein Stipendium und reiste in die USA. Im selben Jahr, 1954, wurden auf dem Bikini-Atoll Wasserstoffbomben getestet.   Das war für uns Japaner ein unvergessliches Jahr.
Die Tests fanden im Frühjahr statt. Und im August desselben Jahres kam ich in den USA an. Da ich eine Überlebende aus Hiroshima war, erwartete mich kurz nach meiner Ankunft ein Presseinterview. Von einem Journalisten wurde ich nach meiner Meinung zu den Tests auf dem Bikini-Atoll gefragt.

Da ich gerade erst die Universität absolviert und keine Ahnung von der Welt hatte, sagte ich meine Meinung vollkommen frei heraus. Ab dem nächsten Tag kamen bei mir in der Universität anonyme Drohbriefe an. Mit Inhalten wie „Was denkst du, wer dein Studium hier finanziert?“ oder „Was wagst du es, die US-amerikanische Atompolitik zu kritisieren?“. Oder „Wer hat denn mit Pearl Harbor angefangen?“. Es kamen viele solcher Drohbriefe an.

Das passierte direkt nach meiner Ankunft. Es war eine prägende Erfahrung für mich. Daher fühlte ich mich nicht imstande, den Unterricht zu besuchen. Ich habe eine Woche lang allein im Haus meines Professors nachgedacht. Es kam nicht in Frage, wieder nach Japan zurückzukehren. Ich war doch gerade erst angekommen. Ich fragte mich verzweifelt, wie ich in diesem neuen Land zurechtkommen sollte. Im Endeffekt war das der Anlass für mich, zu erkennen, dass dies meine Bestimmung war. Ich habe eine besondere Verantwortung gespürt.

【Heirat und Umzug nach Kanada】
1954 ging ich in die USA, 1955 verließ ich das Land wieder und heiratete. Als ich meinen Mann kennenlernte, war er Lehrer an einer Schule in Japan. Wir wollten in Kanada heiraten, sobald sein einjähriger Vertrag abgelaufen war.  Damals gab es in Kanada ein Einwanderungsgesetz, das Chinesen und Japanern die Einreise verwehrte, sofern sie keine nahen Verwandten kanadischer Staatsbürger waren. Das war ein rassistisches Problem. Wir konnten nicht in Kanada heiraten. Auch in Virginia ging es nicht. Also heirateten wir in der Hauptstadt der USA, Washington DC. Anschließend konnten wir nach Kanada einreisen.

【Aktivität im Bildungssektor】
An der Graduiertenschule der University of Toronto nahm ich ein Studium der Sozialen Arbeit auf. Die Kanadier reagierten auf den Atombombenabwurf mit  Gleichgültigkeit, Desinteresse und Unwissenheit, nicht wie die US-Amerikaner, die mich gefragt hatten: „Was erwartest du denn?! “ Der Gedanke, dass die Problematik der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki eine Angelegenheit zwischen Japan und den USA sei und die Kanadier nichts damit zu tun hätten, war in Kanada stark verbreitet.

Das war im Jahr 1955. Ich sagte den Kanadiern: „Ihr wart sehr wohl beteiligt, ihr habt definitiv daran mitgewirkt.“ An dem Manhattan-Projekt waren auch kanadische Wissenschaftler beteiligt. Die meisten Kanadier wussten nicht, dass Kanada sowohl historisch als auch wissenschaftlich einen großen Beitrag dazu geleistet hatte. Sie meinten: „Wir haben nichts damit zu tun. Das ist ein Problem der USA.“ Darauf entgegnete ich: „Das stimmt nicht, die Fakten sprechen dagegen. Beschäftigt euch etwas damit.“ Später arbeitete ich im Bildungsausschuss als Sozialarbeiterin. Ich war also im Bereich der Pädagogik tätig.

Obwohl wir alle im Atomzeitalter leben und wir jungen Menschen beibringen müssen, was das bedeutet, hatten sich die Lehrpläne überhaupt nicht verändert. Zu Hiroshima und Nagasaki standen da nicht mehr als ein paar Zeilen. Daran musste sich doch etwas ändern. Da einige Lehrer mich darum baten, berichtete ich von meinen Erfahrungen. Aber ich dachte, nur auf den guten Willen einzelner Lehrer sollten wir uns nicht verlassen. Das ganze System musste sich ändern.

Wir bildeten ein Komitee im Bildungsausschuss, welches dafür sorgte, dass neue Lehrpläne erstellt und die Lehrer weitergebildet wurden. Die Lehrpläne wurden vom zuständigen Bildungsausschuss ausgearbeitet. So wurde unser Vorhaben einfacher durchführbar, denn ohne die entsprechende Befugnis bewegt sich nichts. Wir konnten nun viel einfacher noch mehr Lehrer um ihre Zusammenarbeit bitten.

【Aktivitäten für die Abschaffung der Atomwaffen】
Bald sind seit Hiroshima und Nagasaki 70 Jahre vergangen. Mit Hilfe der Vereinten Nationen arbeitet jedes Land auf die nukleare Abrüstung hin. Aber dies geschieht so langsam, dass es keinerlei Fortschritt dabei gibt. Von den fast 200 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen rühmen sich nur 9 Staaten damit, Atommächte zu sein. Es gibt einen Atomwaffensperrvertrag der Vereinten Nationen, wofür sich die  Staaten alle 5 Jahre versammeln, aber es gibt nicht den geringsten Fortschritt. Die Staaten ohne Atomwaffen sind es leid zu warten. Aber die Atommächte wollen ihre Kernwaffen nicht aufgeben. Mit der Unterzeichnung des Vertrages haben sie gezeigt, dass sie sich der rechtlichen Verantwortung bewusst sind, und versprochen, sich für die nukleare Abrüstung einzusetzen.

Aber faktisch ist bisher nichts in dieser Hinsicht passiert. Daher wollen die Staaten ohne Atomwaffen, die die absolute Mehrheit ausmachen, nicht mehr länger warten. Jedoch können die Staaten ohne Atomwaffen auch untereinander einen Vertrag abschließen. Es gibt seit circa einem Jahr eine Bewegung dieser Staaten, die an einem Gesetz für ein Verbot der Atomwaffennutzung arbeitet.

Nach der ersten Konferenz in Norwegen fand im Februar 2014 die zweite in Mexiko statt. Dort habe ich als Atombombenopfer ausgesagt. Am 8. Dezember 2014 wird es eine weitere Konferenz in Wien in Österreich geben. Fast alle Menschen auf der Welt vertreten die Meinung, dass es an der Zeit ist, die Atomwaffen abzuschaffen. Doch ohne die Erfahrungen der Atombombenopfer kann man nicht über die Grausamkeit und Brutalität der Atomwaffen sprechen. Viel zu lange hat man sich nur auf das Argument der Abschreckung konzentriert, aber nun sind den Menschen endlich die Augen geöffnet worden. Wir leben in einer besonders wichtigen Zeit.

Alle Menschen dieser Welt sollten sich des Problems bewusst werden und jeder Einzelne Verantwortung dafür übernehmen. Ich wünsche mir, dass jeder in seinem Land aktiv die Regierung dazu drängt, ihre Atompolitik zu ändern. Wir dürfen diese Aufgabe nicht auf die nächsten Generationen abschieben. Unsere Generation hat schon viel zu viele schlimme Dinge getan. Der nachfolgenden Generation so eine Welt zu hinterlassen, wäre moralisch nicht vertretbar.


"Übersetzung: MA Studierende des Wintersemesters 2016/2017 der Universität Bonn
Leitung der Übersetzung: Dr. Heike Patzschke, Dr. Naoko Tamura-FoersterKoordination der Übersetzung: NET-GTAS (Network of Translators for the Globalization of the Testimonies of Atomic Bomb Survivors)
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