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I Irusu (I Irusu)
Geschlecht weiblich  Alter zum Zeitpunkt des Atombombenabwurfs 15 
Aufgenommen am 2014.11.25  Alter bei der Aufnahme 84 
Aufenthaltsort zum Zeitpunkt des Atombombenabwurfs Hiroshima(Entfernung vom Epizentrum:2.5km) 
Hall site Nationale Friedensgedächtnishalle für die Atombombenopfer von Hiroshima 
Synchronisation/
Untertitel
Untertitel 
Frau I Irusu war damals 15 Jahre alt. Sie wurde im Stadtteil Nishi-kaniya-cho, ca. 2,5 km vom Explosionsort entfernt, Opfer der Bombe. In der Volksschule Aosaki pflegte sie die Verwundeten. Dort standen jedoch weder Ärzte noch Medikamente zur Verfügung. Es gab nichts, was sie für die um Hilfe schreienden Menschen tun konnte. Jeden Tag starben viele Menschen, ihre Leichen wurden alle im Schulhof eingeäschert. Man wusste nicht mehr, von wem die sterblichen Überreste waren. Auch gab es niemanden, der sie beansprucht hätte.
Frau I Irusu sagt: „Die Atombombe darf auf keinen Fall wieder eingesetzt werden. In unserer Welt dürfen Nuklearwaffen nicht toleriert werden.“
 
【Ihr Leben vor dem Atombombenabwurf】
Heute heiße ich I Irusu, aber damals hieß ich ITO Hanako. Bis zum 6. Jahr der Volksschule hieß ich I Irusu, aber in der ersten Klasse der Oberstufe änderten wir meinen Namen auf ITO Hanako. Danach wurde mein koreanischer Name nicht mehr verwendet. In jener Zeit lebte ich zusammen mit meinen Eltern, meinen fünf Geschwistern und meinen zwei Schwägerinnen. Am 8. Dezember 1941 begann der Pazifische Krieg. Daraufhin wurde unser Leben richtig mühsam. Ich war zwar im letzten Volksschuljahr, es fand aber kein Unterricht mehr statt. Seit einem Jahr musste ich bereits arbeiten.
 
Ich stellte Kleidung für die Soldaten in der Mandschurei her. Ich arbeitete etwa drei Monate im Bekleidungsdepot der Armee in der Zweigstelle Hiroshima. Danach wurde ich von Fabrik zu Fabrik geschickt. Bis zu meinem Schulabschluss arbeitete ich in einer Fabrik von Toyo Industries Co., wo Steinbohrer hergestellt wurden.

Damals gab es viel Arbeit in der Firma, daher waren auch viele KoreanerInnen dort. Man brachte junge Leute aus Korea nach Japan, baute Unterkünfte für sie. So arbeiteten viele Menschen dort. Die Leute, die mit ihrem traditionellen Baji-Jeogori nach Japan kamen, trugen nach etwa einem Monat plötzlich westliche Kleidung. Damals sah ich zum ersten Mal Baji-Jeogori. „Ach! Das ist also koreanische Kleidung!“, dachte ich. Ich kannte den Chima-Jeogori, den meine Mutter trug, aber die Männerkleidung sah ich damals zum ersten Mal. In der Kriegszeit wurden SchülerInnen als Arbeitskräfte eingesetzt und ich arbeitete in der Fabrik 2 von Toyo Industries Co. Mit dem Schulabschluss fing ich an, in der Fabrik 9 oder 10 zu arbeiten.
 
Im Frühjahr 1945 aßen wir hauptsächlich die Schalen der zu Öl gepressten Sojabohnen.
Wir kochten und aßen sie vermischt mit Reis. Gemüse wie Sojabohnensprossen oder Zucker, alles war rationiert und über die Nachbarschaftsgruppen zu beziehen. Am schwersten fiel es mir, mein Schulfrühstück zuzubereiten. Das koreanische Essen, das meine Familie zu Hause kochte, konnte ich nicht in die Schule mitnehmen. Deswegen besorgte ich mir in der Früh Bohnengerichte. Mit Chili oder Knoblauch gewürzte Speisen waren als Schulfrühstück nicht möglich.
 
Wenn Menschen aus Korea etwas für ihr Land Typisches machten, gefiel das den JapanerInnen nicht. Das war sehr schwer für mich. Ich sah mich nämlich als Japanerin. Wir hatten doch auch unsere Namen geändert und gedacht, dass wir damit nun auch JapanerInnen wären.
 
【Direkt nach dem Atombombenabwurf】
Als die Atombombe fiel, war am Himmel über Hiroshima eine tiefrote Wolke zu sehen. Gleichzeitig waren da ein greller Blitz und ein Donnergeräusch. Was danach passierte, weiß ich nicht. Es wurde so finster, dass ich nichts mehr sehen konnte. Ich war gerade auf dem Weg, um bei der Brandeindämmung zu helfen. Im selben Moment, als ich die Leute um mich rufen hörte „Was ist passiert?“, flackerte ein Blitz über den Himmel. Es wurde stockfinster und ich wusste nicht, was los war. Ich hörte eine laute Explosion. Natürlich konnte ich dann nichts mehr sehen. Ich wurde einfach mitgerissen. Ich ging gerade auf der Straße und wurde plötzlich von der Druckwelle nach hinten gerissen. Ich konnte nur noch die um Hilfe rufenden Stimmen hören. „Hilfe! Mama, Hilfe!“ Das war alles, was ich hören konnte.
 
Alle waren unter den eingestürzten Gebäuden begraben oder von den umherfliegenden Trümmern verletzt worden. Alle riefen: „Hilfe!“ und „Ich blute!“ Ich konnte den Verletzten nicht helfen, weil ich selbst auch Schmerzen hatte. Ich war ja hingefallen und hatte mich hier überall verletzt. Das Blut strömte aus den Wunden. Nachdem es ein wenig heller wurde, fiel mir erst auf, dass ich blutete. Bis dahin war es ja überall noch dunkel gewesen.
 
Nach einer Weile öffnete ich langsam meine Augen. Da war es schon um einiges heller. „Au weh! Hilfe!“, schrien die Leute, die unter den Gebäudetrümmern begraben waren. Nach etwa einer halben Stunde kamen mir aus der Innenstadt fliehende Menschen mit Brandverletzungen entgegen, die laut schrien: „Mama, Hilfe!“ In der Innenstadt schien es wohl zu gefährlich zu sein. Sie kamen aus Ozu und wollten zum Stadtrand. Durch die Druckwelle standen ihnen die Haare zu Berge. Es ist schwer zu beschreiben. Bei mir war es genauso. Ich konnte nicht verstehen, was passiert war. Man trug ja kurze Ärmeln, daher war zu sehen, dass sich die Haut an den Armen komplett abgelöst hatte und nun einfach herunterhing – auch am Hals war das so. Die Gesichter waren verbrannt, der Körper überall ganz schwarz – unvorstellbar.
 
【Versorgung der Verwundeten im Lazarett und Einäscherung der Toten】
Diese Menschen konnten nicht in der Stadt bleiben, alle flüchteten. In der Volksschule Aosaki wurde daher ein Notlazarett eingerichtet. Sie wurden auf LKWs hergebracht und auf dem Schulhof abgeladen. Manche von ihnen waren tot, manche lebten noch. Wer noch ein wenig atmete, wurde in den großen Saal oder in ein Klassenzimmer gepfercht und dort versorgt. Es gab weder Ärzte noch Medikamente, nur Jod. Ich war zur Versorgung der Verwundeten in diese Schule abkommandiert worden. Sie riefen mir zu: „Hilf mir!“ Aber ich konnte ihnen nicht helfen. Sie konnten mir nur schrecklich leidtun. Ich hatte keine Möglichkeit, ihnen zu helfen. Nicht einmal Medizin konnte ich ihnen geben.
 
Als ich am nächsten Tag kam, waren fast alle gestorben. Sie wurden auf den Schulhof gebracht. Praktisch täglich wurden dort Leichen verbrannt. Zuunterst kam eine Lage Holz, darauf die Leichen, dann wieder Holz und so fort. Zuletzt wurde Benzin darüber gegossen. Dann ging alles in Flammen auf. Nach der Verbrennung konnte man die Gebeine nicht mehr zuordnen. Aber selbst wenn das möglich gewesen wäre – kein Angehöriger holte die sterblichen Überreste ab. Es war so traurig.
 
Als ich einige Tage später in die Schule kam, war bei manchen ein ekelerregendes Rumoren unter der Haut zu bemerken. Als der Arzt die Haut mit einer Pinzette anhob, kamen Maden heraus und man sah bis zum Knochen. Diese Menschen haben sogar noch gelebt. Es waren kleine Mädchen dabei, aber auch erwachsene Männer und Frauen. Anfangs konnte ich wegen des unsagbaren Gestanks nichts essen. Aber nach etwa zehn Tagen war mein Geruchssinn völlig abgestumpft und ich nahm den Gestank nicht mehr wahr. Die Toten wurden dort eingeäschert, und ich weiß nicht, ob jemals jemand Gebeine abgeholt hat. So ein Elend war das.
 
【Die Stimmen der Geister】
Es gab einen entgleisten Zug. Als ich mit einer Freundin einmal hinein schaute, sahen wir etwas schwarz Verkohltes, der Gestalt nach waren es Menschen. Man konnte sie aber überhaupt nicht mehr erkennen. Selbst im Fluss gab es viele Leichen. Die Menschen wollten Wasser trinken und gingen hinunter zum Fluss. Wenn sie dort zusammenbrachen, starben sie sofort. Während sie um Wasser flehten, gingen sie weiter, tranken vom Fluss, kollabierten und starben. Es gab Gerüchte, wonach am Bahnhof Hiroshima aus der Richtung des Flusses Stimmen zu hören waren, die schrien: „Vorwarnung! Fliegeralarm!“ Ich weiß nicht, ob es sich wirklich um Leichen handelte, aber es hieß, dass man solche Stimmen vernehmen konnte. Vielleicht spukte es ja wirklich. Die Leute, die nach einigen Tagen zum Fluss gingen, erzählten, dass sie derartige Stimmen gehört hätten.
 
【Kriegsende und Rückkehr nach Korea】
Zuhause hörten wir eine Radioansprache, in der der Kaiser höchstpersönlich den Krieg für beendet erklärte. Über die Niederlage Japans war ich traurig. Ich fragte mich, warum Japan verloren hatte. Ich war ja damals schon Japanerin. Ich hatte überhaupt nicht vor, nach Korea zurückzukehren. Ach, wir haben verloren. Warum haben wir verloren? Es wäre schön gewesen, wenn wir gewonnen hätten, dachte ich. In Korea lebten viele JapanerInnen. Sie kamen aber nach Japan zurück, weil sie von den Einheimischen angeblich schlecht behandelt wurden. Daraufhin verbreitete sich das Gerücht, alle KoreanerInnen in Japan sollten aus Rache getötet werden. So konnten wir nicht mehr in Japan bleiben und bereiteten eine rasche Rückkehr nach Korea vor. Lieber zurückkehren, als von Japanern umgebracht werden.
 
Gleich nach Kriegsende fingen wir mit den Vorbereitungen an und im November legten wir von Ujina aus ab. Wir hatten ein Schiff gekauft und fuhren nun zusammen mit unseren Verwandten nach Hause. Auf der Rückfahrt wurde die See sehr rau, weshalb wir eine Woche auf der Insel Tsushima blieben und dann erst weiterfuhren. Ich hörte Geschichten über Schiffe, die gesunken waren, und Menschen, die andere ermordet und ausgeraubt hatten. Das beängstigte mich sehr. Jeden Abend beim Zubettgehen dachte ich daran, wie schön es wäre, wenn sich das Wetter bessern würde und ich nach Hause könnte. Dann kamen wir in Busan an, fuhren von dort nach Daegu und schließlich nach Hapcheon. Ich hatte mich darauf gefreut, an einen schönen Ort zu kommen, und hatte große Hoffnungen in meine Heimat Korea gesetzt. Aber das Leben auf dem Land war wirklich einsam.
 
Es war sehr schwer. Ich konnte die Sprache nicht und wurde ausgelacht, sobald ich nur den Mund öffnete. Nicht kommunizieren zu können war wirklich das Schwierigste. Ich konnte weder sprechen noch andere verstehen. Nach einigen Monaten hatte ich mir schon einiges angeeignet, aber am Anfang war es recht schwierig. Mir wurde gesagt, man könne eine Frau nicht brauchen, die aus Japan gekommen war. Weil ich erst nach dem Krieg zurückkehrte, verstand ich die Sprache nicht und die Kultur war mir fremd. Es war so schlimm, dass ich noch immer kaum darüber reden kann. Danach kam dann auch schon der Koreakrieg. Wir hatten wirklich Pech. Es war eine sehr schwere Zeit.
 
【Aktivitäten zur Unterstützung für die in Südkorea lebenden Atombombenopfer】
Wir müssen in einer friedlichen Welt ohne Nuklearwaffen leben. Dafür setzten wir uns ein.
Wir wollen die gleiche finanzielle Unterstützung wie die JapanerInnen. Doch es hieß, wir hätten kein Recht darauf, weil wir Japan verlassen hatten. Da wir damals doch JapanerInnen waren, baten wir Ämter und Behörden inständig, uns diesen gleichzustellen. Wir gingen zum japanischen Sozialministerium und fragten den Minister: „Warum werden wir diskriminiert?“
„Gewähren Sie uns diese Unterstützungszahlungen! Wir haben sogar japanische Namen angenommen. Wir sind auch JapanerInnen.“ Stimmt das etwa nicht? Später führten wir einen Prozess gegen den Staat und gewannen. Diejenigen, die nach Japan kamen, erhielten Geld, solange sie im Land waren. D.h. uns wurden schriftlich Zahlungen für drei bzw. fünf Jahre zugestanden. Im Fall einer Rückkehr nach Korea sollte man jedoch nicht weiter unterstützt werden. Daher klagten wir den Staat nochmals und gewannen den Prozess. Nun wurde uns die volle Unterstützung gewährt.
 
【Nuklearwaffen dürfen keinesfalls toleriert werden】
Ich will, dass Atombomben auf keinen Fall wieder eingesetzt werden. Sie müssen verboten werden. Wir müssen für ein Zeitalter ohne Nuklearwaffen kämpfen. Atomwaffen dürfen weder hergestellt noch im Krieg eingesetzt werden. Sonst vernichten sie einfach alles.
 
Außerdem sind sie eine sehr grausame Waffe. Manche Opfer sterben nicht sofort, sondern erleiden Brandverletzungen und müssen unter großen Qualen zugrunde gehen. Wer keinen Atombombenabwurf miterlebte, hat keine Vorstellung, ich aber spreche aus eigener Erfahrung und sage daher: absolutes Nein zu Atomwaffen.
 
Früher lebten noch mehr Atombombenopfer, aber im Laufe der Zeit sind viele gestorben. Die Überlebenden, die damals noch Kleinkinder waren, wissen eigentlich nichts. Wenn wir, die letzten Opfer, sterben, kann man darüber nichts mehr erfahren. Es wird dann niemanden mehr geben, der die Atombombenkatastrophe tatsächlich erlebt hat. Ich werde auf dieser Welt keinesfalls Nuklearwaffen tolerieren. Ein Atombombeneinsatz wie in Hiroshima darf sich nie wiederholen.
 
Zeitzeugin: I Irusu(Alter bei der Aufnahme: 84)
Übersetzung: MA-Studierende des Zentrums für Translationswissenschaft der Universität Wien (SoSe 2019)
Redaktion: Dorit Illini-Ganster, Yasuko Yamamoto
Koordination: NET-GTAS (Network of Translators for the Globalization of the Testimonies of Atomic Bomb Survivors) 
 
 

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