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MAMII Fusako (MAMII Fusako)
Geschlecht weiblich  Alter zum Zeitpunkt des Atombombenabwurfs 23 
Aufgenommen am 2006.10.8  Alter bei der Aufnahme 84 
Aufenthaltsort zum Zeitpunkt des Atombombenabwurfs Hiroshima(Entfernung vom Epizentrum:1.7km) 
Hall site Nationale Friedensgedächtnishalle für die Atombombenopfer von Hiroshima 
Synchronisation/
Untertitel
Synchronisation 
Fusako Mamii, damals 23 Jahre alt. Sie wurde in ihrem Haus in Uchikoshi-cho, etwa 1,7 km vom Epizentrum von der Strahlung erfasst. Es geschah, als sie nach dem Aufhängen der Wäsche wieder ins Haus zurück wollte. Nach einem hellen Blitz wurde sie in den Garten geschleudert und schließlich unter den Trümmern des Hauses begraben. Bei der Flucht mit ihrem verletzten Sohn im Arm packte sie ein einäugiges Kind am Fußgelenk. Unüberlegt stieß sie es von sich. Bis heute konnte sie dieses Bild und das Schuldgefühl nicht vergessen.
 
Sowohl Grund-, als auch Oberschule habe ich in Kure besucht. Im April 1942 bin ich nach Hiroshima gezogen um zu heiraten. Das Stadtviertel hieß Uchikoshi-cho und war gleich beim Yokogawa-Bahnhof. Ich war 23. Mein Mann war 30 und war schon auf der Arbeit. Zählt man unseren zweijährigen Sohn und mein Ungeborenes, wären wir vierköpfig gewesen. Im Haus selbst waren wir damals also nur zu zweit. Mein Sohn und ich. Unser zweijähriger Sohn spielte oft mit den anderen kleinen Nachbarskindern und da gab der Hausdiener eines hochrangigen Militärs den Kindern heimlich Süßigkeiten. Ich kann mich erinnern, wie unser Sohn dann um "noch eines, bitte" bettelte. Viele Kinder wurden damals getötet, ohne jemals Süßes oder Leckeres gekannt zu haben.
 
06. August
Als ich die Wäsche aufgehängt hatte, glaubte ich Propellergeräusche zu hören. Von unserem kleinen Garten aus konnte man sie immer sehen, wie sie hoch oben flogen. Auch wenn man die Flugzeuge kaum hörte, waren die Kondensstreifen immer klar zu sehen. An dem Tag hörte ich eben auch etwas, aber ich sah keine Kondensstreifen. Einbildung, dachte ich mir, und sah meinen Sohn alleine auf der Veranda spielen. Im Gegensatz zu heute hatten früher alle Häuser auch eine Veranda. Ich sah ihm beim Spielen zu und hängte die Wäsche fertig auf. Ich war schon mit einem Fuß auf der Veranda bei meinem Sohn, den Blick ins Haus gerichtet als plötzlich ein heller Blitz aufleuchtete. Ich sehe ihn heute noch vor mir, weder gelb noch weiß so sollte man es zwar nicht sagen aber es glitzerte so schön wie ein Spiegel in der Sonne. Aufgrund dieses Lichts.
 
wird die Atombombe von Hiroshima auch "Lichtknall" (Pikadon) genannt; das Licht sah ich, den Knall hörte ich aber nicht. Zwischen uns und dem Nachbarn stand eine alte Trennmauer. Die Mauer zerbrach nicht sondern fiel im ganzen Stück auf mich; zusammen mit der Mauer wurde ich in den Garten geworfen. Danach flogen noch die Ziegel aus dem ersten Stock auf mich. Wären sie direkt auf mich gefallen, wäre ich bestimmt sofort gestorben, aber die alten Mauern waren aus Lehm. Und eben unter dieser Lehmmauer wurde ich in den Garten geworfen. Danach war ich kurz bewusstlos. Neben uns lebte ein Kriegsversehrter, kinderlos, seine Frau war etwa gleich alt wie ich, wir verstanden uns gut. Ich weiß nicht wie tief ich begraben war, aber ich konnte ihre Stimmen hören. "Fr. Mamii ist bestimmt tot!" "Auch wenn sie tot ist, graben wir sie aus!", sagten sie. Ich rief mit voller Kraft "Ich lebe noch! Ich lebe!" Ich wusste aber nicht, wie es mir wirklich ging. Ich reagierte nur auf die Stimmen der Nachbarn, aber meine Hilferufe hörte man draußen nicht.
 
Auch die Beiden wurden, wie ich, unter den Trümmern begraben. Sie waren allerdings im Haus gewesen und konnten sich gegenseitig nach Draußen befreien. Gleich danach kamen sie um mich zu suchen. Anscheinend war mein rechter Oberkörper begraben, während Beine und die linke Seite freistanden. Ich war fast ganz unter den Ziegeln begraben, also glaubten sie wohl, ich sei tot. Sie gruben mich trotzdem aus, obwohl sie glaubten, dass ich tot sei. Als sie mich aus den Ziegeln hoben und auf die Seite legten, öffnete ich meine Augen. Als ich die Augen öffnete, riefen beide: "Sie lebt! Fr. Mamii lebt!" Ich sah auf und blickte in die blutverschmierten Gesichter des Ehepaars. Ich wusste nicht ob es ein Luftangriff oder sonst etwas war. Ich war noch ganz verwirrt. Zu dem Zeitpunkt war mir auch nicht ganz klar, dass das blutüberströmte Ehepaar mich gerettet hatte. Als sie mich sahen und "Sie lebt! Sie lebt!" riefen, erinnere ich mich, wie ich "Mein Kind! Was ist mit meinem Kind?" rief.
 
Von da an erinnere ich mich wieder besser. Als ich nach dem Kind rief kam die Nachbarin mit meinem Kind im Arm und sagte: "Dein Junge ist hier" Erst später auf der Flucht erfuhr ich, dass mein Sohn von meinem Haus weg in den Garten des gegenüberliegenden Hauses geschleudert wurde. Als ich meinen Sohn dann sah hatte er ein ärmelloses Unterhemd an, und als er in den Nachbarsgarten geschleudert wurde, wurde sein Hemd und alles Sonstige komplett zerrissen. Er hatte von Kopf bis Fuß am ganzen Körper kleine Glassplitter stecken, da er wohl mit der Glastür der Veranda davongeblasen wurde. Es kam kein Blut aus den Wunden und das Glas leuchtete blass. Da in seinem ganzen Körper Glassplitter steckten, dachte ich, dass er wohl sterben müsste. Das Ehepaar erzählte, dass sie zuvor ein Kind weinen hörten. Als sie mich ausgruben, hörten sie ein Kind weinen und schauten sich um. Sie sahen meinen Sohn weinend unter einem Feigenbaum gegenüber. Die Ehefrau holte ihn, während ihr Mann mich weiter ausgrub.
 
Deshalb war das Kind zuerst in den Armen der Nachbarin. Als ich sah wie er von Glassplittern zerstochen war, dachte ich er müsse sterben. Da ich meine rechte Hand nicht bewegen konnte, riss ihn mit meiner linken Hand von der Nachbarin weg und drückte ihn an mich. Der Nachbar rief laut: "Das war gerade ein Bombenangriff, gleich kommen die Brandbomben!" Er hatte gehört, dass das in verschiedenen Städten schon so gewesen sei. "Da gerade auf die Stadt, nein, unseren Garten eine Bombe gefallen ist, werden sie bald Brandbomben abwerfen, dann können wir nicht mehr fliehen." "Wir müssen jetzt zusammen fliehen" sagte er. Wie ich schon sagte, gehörte das Haus gegenüber von uns war das eines hochrangigen Militär, dessen junge Tochter saß dort auf einem umgefallenen Steintor. Ich, meine Nachbarn und auch das Mädchen hatten keine Brandwunden. Wir hatten uns alle im Haus verletzt und waren dann irgendwie davongekommen. Das Mädchen war auch voller Blut. Der Nachbar rief wieder mit lauter Stimme: "Wir müssen hier weg! Nach den Brandbomben gibt es kein Entkommen mehr; wir müssen jetzt zusammen fliehen!" Das Mädchen stand schwankend auf und sagte mir wohl etwas, aber ich hörte es nicht. Sie ging in den Luftschutzbunker ihres Hauses.
 
Da merkte ich erst, dass meine ganzen Kleider total zerrissen waren - ich war splitternackt. Dieses verletzte junge Mädchen ging also in ihren Bunker, um von dort ihre eigene, wertvolle Kleidung zu holen, die sie mir, der Nackten, zum Anziehen gab. Die Nachbarin und das Mädchen zogen mir ein pechschwarzes Winterkleid an, aber ich rief nur "Denkt nicht an mich! Mein Kind wird sterben! Schnell, nehmt es mit und flieht, sonst stirbt es!" Ich versuchte sogar ihre helfenden Hände abzuschütteln.
 
Zum Kiesufer in Mitaki
Der Nachbar sagte: "Gehen wir zum Fluss, um die Glassplitter zu entfernen." "Die Glassplitter müssen raus aus dem Jungen und wir müssen auf jeden Fall hier weg" Ohne Zeitgefühl wussten wir nicht wie viel Zeit uns noch blieb, jedenfalls wollte ich auch zum Kiesufer in Mitaki und so flüchteten wir gemeinsam. Unterwegs habe ich aber das Ehepaar und das junge Mädchen aus den Augen verloren. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir uns getrennt hatten. Wir flüchteten in einer Schlange. Da waren Menschen, die zogen die aufgerissene Haut ihrer Oberschenkel hinter sich her. Das kann man sich kaum vorstellen, aber es sah so aus wie die langen Hosen, die Samurai früher trugen. Die Haut die von den Oberschenkeln herabhing, zogen sie hinter sich her, und von ihren Händen, die sie in etwa so hielten, hing auch etwas herab. Mir war nicht klar, dass das auch Haut war. Wenn eine Person in dieser Schlange zu Fall kam, fielen alle um diese herum auch zu Boden. Mit meinem Kind im Arm lief ich über diese Körper hinweg ohne auszuweichen. Bei ein oder zwei Personen rutschte ich ab, deren verbrannte Haut war so glitschig… Dieses Gefühl bleibt bis heute auf meinen Fußsohlen.
 
Auf dem Weg wurde ich am linken Fußgelenk gepackt. Ich fiel beinahe nach vorne, fasste aber noch Fuß und sah dann… es war ein Kind. 3 oder 4, 4 oder 5 Jahre alt... Auf jeden Fall ein Kind. Ich wusste nicht, ob Junge oder Mädchen. Als ich genauer hinsah, sah ich ein Gesicht, braun angelaufen, so groß wie ein Fußball. Ein Auge war aus dem Kopf gesprungen und hing in der Mitte des Gesichts; als würde es von unten auf mich heraufstarren. Ich glaubte, ein einäugiger Kobold hätte mich gefangen, da trat ich das Kind verzweifelt mit meinem linken Fuß. Ich dachte, ein einäugiger Kobold hätte mich gefangen, und deshalb trat ich verzweifelt auf dieses Kind ein. Obwohl das Kind meinen Fuß wohl nicht stark gepackt hatte und ich sah, wie es da liegen blieb, ich glaubte der einäugige Kobold würde wieder kommen um mich zu fassen, obwohl die Hand losließ, dachte ich, er würde wieder zupacken. Ich wollte davonlaufen, aber ich hatte nicht genug Energie dazu. Ich war besessen von der Vorstellung, dass der Kobold mich verfolgen würde. Mit seinen Händen auf meinen Rücken hielt sich mein Kind an mir fest und presste die Augen im zerschnittenen Gesicht zu.
 
Später begann es zu regnen. Der Regenfall war unglaublich stark und ich konnte dem nicht standhalten. Ich setzte mich und beugte mich über mein Kind. Ganz schirmte ich es nicht ab, aber ich lehnte mich so darüber. Dass der Regen schwarz und dick wie Öl gewesen sein soll, daran kann ich mich nicht erinnern. Aber ich erinnere mich, dass der Regen unglaublich stark war und in den Wunden furchtbar schmerzte. Aber dass der Regen dickflüssig gewesen sei, daran erinnere ich mich nicht. Als der Regen langsam aufhörte, hatte der starke Regen bereits alle Glassplitter aus meinem Kind gespült. Damals fiel mir wahrhaft ein Stein vom Herzen. Auch heute nach 61 Jahren, denke ich nicht, dass der Regen schwarz und ölig war, sondern, dass es ein Glücksregen war, der meinen Sohn von den Glassplittern befreite. 
 
Das Kiesufer, das wir erreichten war sehr verwildert, deshalb lief der Fluss in dünnen Armen von etwa 20-30 cm Tiefe und Breite hindurch und teilte sich so immer weiter auf. Viele der Geflüchteten steckten ihre Gesichter in den Fluss und starben dort in dieser Position. Zum Glück konnte ich noch laufen und kam so an den Leichen vorbei. Als ich mich in den Fluss vorgekämpft hatte, plätscherte er im Sitzen gerade so an meine Oberschenkel. Hektisch führte ich so meinem Kind Wasser zu Mund und trank auch davon. Diejenigen am Kiesufer, die es nicht bis zum Wasser schafften, Erwachsene als auch Kinder, riefen: "Wasser, bitte!" Aber ich wollte mich nicht darum kümmern. Ich ließ mein Kind viel trinken, wusch es mit Wasser und trank selbst. Die Menschen um uns, als sie uns sahen,wenn ich jetzt daran denke, was sie empfanden als wir dort im Wasser waren, wie sehr diese Menschen wohl nach Wasser lechzten… "Wasser, bitte! Bitte!" Ich hörte sie, aber ich machte keine Anstalten ihnen was zu geben. Bis mein Mann am nächsten Tag dort ankam, blieb ich dort. Wie gesagt, ich sah das Leid um mich herum, aber ich bewegte mich nicht. Zumindest nicht bis zum Morgen.
 
Was ich weitergeben möchte
Die Kinder leben heutzutage in Frieden, im Wohlstand. Sie haben Vieles und essen Leckeres.Mütter sagen oft: "Diese Kinder von heute…" Ich glaube, dass diese Kinder von heute, jene Kinder sind, die damals getötet wurden. Wiedergeburten von denen, die damals "Wasser bitte, bitte!" riefen. Denn ich trage heute noch die Last mit mir, dass ich ihnen damals nicht geholfen habe. Kinder dürfen nicht in Kriege verwickelt werden. Auch wenn ich Komplexeres nicht verstehe... Es muss Frieden herrschen, so dass Kinder in Frieden gelassen werden. Das ist alles, was ich mir wünsche.
 
Übersetzung: Christian LANG Redaktion: Elisabeth PLIENEGGER, Keiko ARAI
Coordination: NET-GTAS (Network of Translators for the Globalization of the Testimonies of the Atomic Bomb Survivors)
  
 
 

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